Auf dem Landesparteitag am 29. September 2012 in Wiesloch hat die SPD Baden-Württemberg zentrale Weichen für die Zukunft gestellt. Im Folgenden die wichtigsten Entscheidungen und Botschaften des Parteitags.
Grundsatzrede von Nils Schmid: Baden-Württemberg 2020
In einer Grundsatzrede hat der SPD-Landesvorsitzende Nils Schmid einen Entwurf Baden-Württembergs der Zukunft skizziert. „Unser Baden-Württemberg 2020 ruht auf wirtschaftlicher Stärke und sozialer Gerechtigkeit“, so Nils Schmid. Dabei legte der SPD-Chef ein klares Bekenntnis zum Mittelstand, zur Realwirtschaft und zum Industrieland ab. „Ich kämpfe für ein modernes, wirtschaftlich starkes Baden-Württemberg in seiner gesamten Fläche.“
Die SPD nehme dabei die Herausforderungen an: Bildung und Betreuung, eine zukunftsfähige Infrastruktur, Gute Arbeit oder die Fachkräftesicherung – und dies alles auf der Grundlage solider Finanzen. „Solide Finanzen sind auch eine Frage der Gerechtigkeit, zwischen den Generationen und der Verteilung innerhalb der Gesellschaft“, so Nils Schmid. „Die SPD in Baden-Württemberg ist die Kraft des sozialen Fortschritts. Wir schaffen Zukunft.“
Leitantrag: Gute Wirtschaft – soziales Baden-Württemberg
Eine sozial-ökologische Modernisierung der Wirtschaft ist Kernpunkt des wirtschafts- und industriepolitischen Leitantrags, den die Delegierten nahezu einstimmig beschlossen haben. „Damit wollen wir den Erfolg der baden-württembergischen Wirtschaft zukunftsfest machen“, erläuterte SPD-Präsidiumsmitglied Rudolf Luz, der den Antrag federführend erarbeitet hatte. Hauptbestandteile des Antrags sind die Stärkung industrieller Kerne, von Mittelstand und Dienstleistungen, die Schaffung einer modernen Infrastruktur und die Sicherstellung des Fachkräftebedarfs im Land. „Auch wirtschaftspolitisch bedarf Baden-Württemberg eines Kurswechsels, um den Wohlstand des Landes zu wahren, das Soziale und das Gemeinwohl zu sichern sowie durch Nachhaltigkeit unsere Zukunft und die nachfolgender Generationen zu gewährleisten“, so die Stoßrichtung des Leitantrags.
Bildung auf solider Grundlage: Bildungs- und Betreuungsgarantie
Unter dem Motto „Stärkung der Bildung auf solider Grundlage“ hat der Parteitag ebenfalls fast einstimmig einen Initiativantrag des Landesvorstands beschlossen, der den Bildungsaufbruch der Landesregierung unterstützt. Im Mittelpunkt steht dabei die von Landeschef Nils Schmid angekündigte Bildungs- und Betreuungsgarantie bis zum Jahr 2020 vom ersten Geburtstag bis zum letzten Schultag. Das bedeutet: Die Familien im Land werden sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder ganztägige Bildungsangebote erhalten. „Seit eineinhalb Jahren machen wir unser Bildungssystem Stück für Stück gerechter“, erklärte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer und verwies auf die Erfolge bei der Kleinkindbetreuung, der Gemeinschaftsschule, bei G8/G9, die Abschaffung der Grundschulempfehlung und die der Studiengebühren.
Gleichstellung durch Selbstverpflichtung: Reißverschluss auf Kommunalwahllisten
Nach intensiver Diskussion hat der Parteitag mit satzungsgemäßer Zweidrittelmehrheit das so genannte Reißverschlussverfahren auf Kommunalwahllisten beschlossen. Mit dieser Satzungs-änderung verpflichtet sich der Landesverband selbst, künftig die Kommunalwahllisten in den Gliederungen alternierend aufzustellen, also Frau und Mann jeweils abwechselnd. Allerdings kann die Liste am Schluss mit Kandidaten gleichen Geschlechts „aufgefüllt“ werden (so ge-nannte weiche Quote). „Lasst uns der CDU die rote Karte zeigen: Wir stehen für die Sichtbarkeit von Frauen“, betonte Katja Mast. Die Generalsekretärin wies darauf hin, dass die Landtags-fraktion erneut ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, ob und gegebenenfalls wie alle Parteien gesetzlich zu einem solchen Verfahren verpflichtet werden können. Außerdem will die Landes-partei ein spezielles Mentorenprogramm für Frauen auflegen.
Alkoholkonsumverbot: Parteitag bestätigt Ablehnung
Die Delegierten des Parteitags haben mit deutlicher Mehrheit entschieden, bei der bisherigen Beschlusslage der Landes-SPD zum Alkoholkonsum zu bleiben und sich gegen ein gesetzliches Konsumverbot auf öffentlichen Plätzen ausgesprochen. „Wir müssen für mehr Prävention streiten und nicht für ein Verbot“, sagte Jusos-Landeschef Markus Herrera Torrez. Eine Verbotspolitik widerspreche sozialen Grundwerten, schränke die Freiheitsrechte ein und kratze nur an der Oberfläche. „Die Sozialdemokratie hat den Anspruch, Perspektiven zu schaffen und Menschen in ihrer Lebensbewältigung positiv zu unterstützen. Eine Verbotspolitik legt den Focus auf das Problemverhalten. Durch präventive Arbeit wird das Problem stattdessen an der Wurzel gepackt und die Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützt“, so der angenommene Juso-Antrag.
Resolution zur Rentenpolitik: Auftrag an Landesvorstand
In einer Resolution begrüßten die Delegierten den Beschluss des Parteivorstandes zur Rentenpolitik – insbesondere die Vorschläge zur Bekämpfung der Erwerbsarmut, die gleitendenden Übergänge ins Rentenalter, den abschlagsfreien Zugang nach 45 Versicherungsjahren und die steuerfinanzierte Solidarrente. „Festzuhalten bleibt aber auch, dass die gesetzliche Rente vor allem die Erwerbsbiografie widerspiegelt. Deshalb müssen wir an einer höheren Erwerbsbetei-ligung von Frauen festhalten“, so die stellvertretende Landesvorsitzende Leni Breymaier. „Und wir gehen davon aus, dass die rentenpolitischen Beschlüsse Gültigkeit haben, insbesondere zur Frage des Renteneintrittsalters.“ Im Vorfeld des Parteikonvents am 24. November in Berlin wird sich der Landesvorstand der SPD Baden-Württemberg ausführlich mit der Rentenpolitik befassen.
Unterstützung von „umFAIRteilen“: Ausweg aus Finanzkrise
In einer Resolution hat der Landesparteitag das Bündnis „umFAIRteilen“ unterstützt. „Wir befürworten den von der Initiative aufgezeigten Ausweg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise: Umverteilung! Wir wollen nicht, dass die öffentlichen und sozialen Leistungen verschlechtert werden und die große Mehrheit der Bevölkerung höher belastet wird. Wir wollen in Bildung und in den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft investieren. Auch deshalb müssen über-großer Reichtum und Finanzspekulation endlich besteuert werden“, so der Resolutionstext. „Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern auch um gelebte Solidarität in unserer Gesell-schaft.“ Im Einzelnen wird eine neue Vermögenssteuer, die Einführung einer Finanztrans-aktionssteuer, die Durchsetzung von mehr Steuergerechtigkeit, ein starkes Investitions-programm für Europa sowie guter Lohn für Gute Arbeit gefordert.